zum Lesen
„Am Sonntag, dem ersten Tag der Woche, in aller Herrgottsfrühe, gingen die Frauen mit dem Balsam, den sie besorgt hatten, zum Grab. Der Stein aber, der das Grab verschlossen hatte - er war weggerollt worden.“ (Lk 24,1-2)
Woran denken Sie beim Stichwort „Sonntag“? Ausschlafen? Gemütliches Frühstück? Tatort?
Für Christen ist der Sonntag der erste Tag der Woche, der Tag Gottes. Ein Tag, der sich gerne von allen anderen Wochentagen absetzen soll, vielleicht durch mehr Zeit für sich und die Familie, aber eben auch durch Zeit für und mit Gott.
Unsere Sonntagsgedanken sind wöchentliche Impulse von unterschiedlichen Menschen, meist zu den Schrifttexten des jeweiligen Sonntags. Lassen Sie sich inspirieren und machen Sie Ihren Sonntag zu einem besonderen Tag!

Sonntagsgedanken Juli 2022
Die Schrifttexte dieses Sonntags sind voll von Friedenshoffnungen und Friedensverheißungen. Angesichts der gegenwärtigen Lage in der Welt, wirken sie auf der einen Seite ein wenig wie das Pfeifen im Wald: Frieden muss doch möglich sein! Oder etwa doch nicht? Die Gegenwart, die Geschichte unserer Welt, unserer Kirche ist voll von Gewalt- und Kriegsbegebenheiten. Da wirkt es schon etwas naiv, den großen Frieden für möglich zu halten, oder?
Auf der anderen Seite gehört der Frieden zum Markenkern des christlichen Glaubens. Wenn ich in meinem Gegenüber einen Menschen, ein Abbild Gottes sehe, wie kann ich dann respekt- und würdelos mit ihm umgehen? Jesu Aufforderung an seine Jünger damals: Nehmt nichts mit auf dem Weg zu den Menschen, nur den Frieden. Gottes Wohlwollen und sein liebevoller Blick auf die Menschen sollen so spürbar werden.
Wir können damit anfangen in unseren alltäglichen Bezügen und Begegnungen. Es braucht heute mehr den je diese alltäglichen Friedenserfahrungen zwischen den Menschen. Nur so wird es gelingen, die Welt in kleinen Schritten zu einer anderen zu machen. Nur so bleibt der Glaube daran, dass ein Zusammenleben in gegenseitiger Achtung, in wechselseitigem Verstehen-Wollen, in ehrlichem Interesse aneinander möglich ist.
Christian Adolf
Sonntagsgedanken Juni 2022
Das scheint das Motto von Jesus von Nazareth zu sein, wenn es um die Nachfolge geht. Das, was er verlangt, wenn man sich auf ihn einlässt, ist schon radikal. Alte Bildungen und Sicherheiten soll man hinter sich lassen, Beziehungen möglicherweise sogar aufgeben. Will ich das? Ich merke doch, dass das in mir einen deutlichen Widerstand auslöst.
Und trotzdem gibt es Menschen, die diesen Weg gehen, die sich komplett und mit allen Konsequenzen auf diesen Jesus einlassen: „Ich will dich nachfolgen, wohin du auch gehst.“ So formuliert es einer der Männer im Evangelium von diesem Sonntag. Kann ich das auch so sagen? Egal, wohin der Weg führt, egal, was kommt: Ich will dich nachfolgen!
Das Evangelium dieses Sonntags ist ein Hinweis darauf, dass ich „frei“ sein soll, wenn ich mich auf das Wort und den Weg Jesu einlassen will. Ich würde von mir schon behaupten, dass ich ein freier Mensch bin und doch stecke ich in vielen Abhängigkeiten, Verpflichtungen und Gewohnheiten. Jesus fordert die Menschen damals und auch uns heute dazu auf, uns frei zu machen von allem, was uns einschränkt und lähmt. Erst dann kann ich für die neue Wirklichkeit Gottes Zeugnis ablegen und daran mitwirken.
Christian Adolf
Jesus fragt seine Jünger im Evangelium dieses Sonntags, für wen ihn die Leute halten. Diese Frage darf ich auch mir selbst stellen: Für wen halte ich diesen Jesus? Arzt, Lehrer, Prophet, Begleiter, Freund, …. Und je nachdem wie meine Antwort aussieht, wird das auch mein Leben und meinen Glauben prägen.
Klar ist allerdings auch, dass wer sich auf diesen Jesus einlässt und ihm folgen will, große Fußspuren und ein anspruchsvolles Programm findet. Immer mit den Augen Jesu auf das Leben und diese Welt zu schauen, ist herausfordernd und manchmal sicherlich auch anstrengend. Und doch wird dann das möglich, wofür Jesus selbst immer gekämpft hat: eine andere und neue Welt Gottes, die alle im Blick behält und für jede und jeden einen Platz hat.
Für wen halten die Leute Jesus damals? Vielleicht für einen Verrückten, vielleicht für einen Unruhestifter, der die Ordnung der damaligen Zeit durcheinander bringt. Viele halten ihn auch für den Messias und Erlöser, der kommt, um diese Welt zu einem anderen Platz zu machen. Darauf lassen sich damals wie heute viele Menschen ein und sind auf den Spuren Jesu unterwegs.
Vielleicht ist es gut, wenn auch ich mich immer wieder vergewissere, für wen ich diesen Jesus halte.
Christian Adolf
Gott passt nicht in unsere Worte, Gedanken und Systeme. Das wird immer wieder deutlich, wenn wir ihn für uns fassbar und greifbar zu machen versuchen. Aber er wäre eben auch nicht Gott, ließe er sich bis ins kleinste Detail durchleuchten und verstehen. Wenn wir von Gott sprechen, so tun wir das immer mit den Möglichkeiten, Worten und Bildern, die wir zur Verfügung haben. Wenn ich mit Jugendlichen oder jungen Erwachsenen über die Dreifaltigkeit rede, dann schaue ich oft in fragende und staunende Gesichter. Wie kann das sein?
Ich versuche es dann immer mit einem Bild: Stell dir vor, du gehst in ein Museum und schaust dir in einer Glasvitrine eine Skulptur an. Und je nachdem, von welcher Seite du schaust, entdeckst du eine andere Seite. Es bleibt immer die gleiche Skulptur, aber trotzdem kann ich sie aus verschiedenen Blickwinkeln anschauen. So ähnlich kann man sich das vielleicht mit der Dreifaltigkeit Gottes vorstellen: Ich schaue aus drei unterschiedlichen Richtungen auf Gott, auf seine Ausfaltungen:
- Da ist der Vater als Urheber allen Lebens, der Schöpfer, der alles ins Leben ruft.
- Da ist der Sohn, der die Sehnsucht Gottes nach den Menschen greifbar werden lässt, der Gott, der Mensch wird und mitten unter den Menschen seine Heimat sucht, der ansprechbar ist und mit uns lebt.
- Da ist der Geist, der Gott in uns, der uns antreibt, diese Welt zu gestalten in Gottes Sinn, der Kraft schenkt, lebendig macht und Neues entstehen lässt.
All das zusammen ist Gott, ein Geheimnis, das wir nie ganz durchdringen oder verstehen werden, dem wir uns aber nähern können in jeder für uns möglichen Weise.
Christian Adolf
Wieder einmal feiern wir Pfingsten, das Fest, das deutlich macht: Gott schenkt uns seinen Geist, um aus diesem heraus zu leben und zu wirken. Eigentlich ein großartiges Fest. Gott traut mir zu, dass ich in dieser Welt etwas bewege. Es kommt auf mich an, auf meine Talente und Begabungen. Was wäre nicht alles möglich, wenn wir diesen Auftrag ernst nehmen!
Der Blick in die Wirklichkeit vermittelt da offensichtlich ein anderes Bild: Die Kirche scheint in vielfältiger Weise vom Mangel geprägt: Wenig Beteiligung, wenig Priester, immer größere Verbünde, wenig Verantwortung für Laien, … Müdigkeit und Resignation scheinen sich auszubreiten.
Wie passt das zum Pfingstfest, das eigentlich für Erneuerung, Freude und Zukunft steht?
Fange ich doch mal bei mir selbst an: Wie sehr ist mir bewusst, dass mir Gottes Geist und Begabungen geschenkt sind, um daraus etwas zu machen, für mich, für andere, für Kirche und Welt? Wie sehr bin ich bereit, meine Begabungen und Talente einzubringen? Wie offen und wertschätzend kann ich auf die Begabungen und Talente anderer schauen, auch wenn sie vielleicht so ganz anders sind, als das, was ich für wichtig halte?
Pfingsten ist im Bild gesprochen so etwas wie ein bunter Blumenstrauß: Erst im Zusammenspiel der einzelnen Blumen und Farbe ergibt sich ein stimmiges Ganzes. Gerade die Verschiedenheit führt zu diesem bunten und ansprechenden Gesamtbild. Die Vielgestaltigkeit und das Nebeneinander mögen vielleicht nicht immer einfach sein und auch zu Auseinandersetzungen führen, aber sind ein wesentlicher Schatz unserer Kirche und Ausdruck des Geistes Gottes, der auf so unterschiedliche Weise wirkt und zum Vorschein kommt.
Christian Adolf